Grabung

Die Werburg aus archäologischer und bauhistorischer Sicht

Wenn man heute die Werburg betritt, so wirkt die Anlage wie ein offenes Landgut inmitten idyllisch grüner Landschaft. Als Heinrich VI. von Ledebur die Burg an seinen Sohn Johann vererbte, sah sie völlig anders aus. Seit 1995 haben unter der Leitung der LWL-Archäologie für Westfalen archäologische Ausgrabungen in der Werburg stattgefunden. Die wissenschaftlichen Untersuchungen haben die Kenntnisse zur Gestalt und Struktur der Anlage erheblich erweitert.

Ursprünglich umgab ein Wassergraben eine rechteckige Hauptburginsel von 65 Meter Länge und 39 Meter Breite in der Niederung des Mühlenbaches. Archäologisch nachweisbar sind drei Gebäude dieser Burg. Südlich der heutigen Scheune fanden sich Grundmauern eines Hauses, das – wie alle Gebäude der Burg – wegen des feuchten und weichen Untergrundes auf einem Rost aus Eichenholz fundamentiert war. Wegen der guten Erhaltung des Holzes, konnte seine Errichtung dendrochronologisch auf das Jahr 1448 datiert werden. Unter dem heutigen Herrenhaus fanden Archäologen Reste eines Vorgängergebäudes aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Seine Größe und sein Aussehen konnten bisher nicht rekonstruiert werden.

Etwa 30 Meter westlich des heutigen Torhauses sind die Grundmauern einer kleinen Bastei von 12 m Länge und 11,5 m Breite nachgewiesen. Sie sicherte das erste Tor zur Hauptburg, das sich vermutlich unter dem heutigen Zugang zur Werburg befindet. Dendrochronologisch ist der Turm auf 1470 datiert.

Die Eigentümer Georg von Ketteler und seine Ehefrau Anna Agnes von Ledebur erweiterten die Werburg um ein umfangreiches Vorburggelände, das sich südlich der Werburgerstraße befand. Um die Hauptburg und die neue Vorburg grub man einen zweiten Wassergraben. Dadurch ergab sich die Notwendigkeit, einen neuen Zugang zu schaffen. 1596 entstand das noch heute erhaltene Torhausim Stil der Weserrenaissance. Seltenheitswert hat das im Original erhaltene Pappelholztor, das früher über eine Zugbrücke erreichbar war.

Ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts umgab die Hauptburginsel eine etwa 1 Meter  dicke Burgmauer, deren Bau dendrochronologisch auf das Jahr 1574 datiert ist. In dem nordöstlichen Winkel der Mauer entstand in mehreren Phasen das heutige Herrenhaus, dessen Wände im Erdgeschoss aus Bruchsteinen und im Obergeschoss aus Fachwerk errichtet wurden. Für das Jahr 1717 ist ein tiefgreifender Umbau in der Werburg überliefert, der wahrscheinlich das Herrenhaus betraf, das sein heutiges Erscheinungsbild der Barockzeit verdankt.

In der Vorburg war das alles beherrschende Gebäude das sog. Große Vorwerk. Im Jahr 1625  aus Bruchsteinen erbaut, diente es nicht nur der Einlagerung von Erntevorräten, sondern auch zur Verteidigung der Werburg. Genau 300 Jahre später, im Juni 1925 brannte das Große Vorwerk ab. Es wurde anschließend wieder aufgebaut und 1961 beim Bau der Werburger Straße abgerissen.

Im 19. Jahrhundert wurde die Fachwerkscheune auf der Hauptburginsel und im beginnenden 20. Jahrhundert ein kleiner Schweinestall aus roten Ziegeln zwischen Scheune und Herrenhaus gebaut.

Aus schriftlichen Überlieferungen wird deutlich, dass weitere Gebäude existierten, die heute völlig verschwunden und bis auf eines, die sog. Birkenpforte, archäologisch nicht nachgewiesen sind. Die Birkenpforte, dendrochronologisch datiert auf das Jahr 1704, sicherte den westlichen Zugang der Anlage. Bereits zwischen 1804 und 1837 wurde sie wieder abgerissen.

Im 19. Jahrhundert verlandeten zunehmend die Wassergräben und auf einer Karte aus dem Jahr 1895 ist der innere Graben um die Hauptburg nicht mehr zu sehen. Die Werburg nahm langsam die Gestalt an, wie wir sie heute kennen.

Bei den Ausgrabungen waren die Schnitte, die in den verfüllten inneren Wassergraben gelegt wurden, besonders fundreich. Es kamen mehrere Tausend Fragmente von Keramikgefäßen, Ofenkacheln, Trink- und Fenstergläsern sowie Flaschen zu Tage. Darüber hinaus fanden sich Reste von Lederschuhen, Holzgegenstände, Schlachtabfälle und Austernschalen. Außergewöhnlich war der Fund von etwa 1600 eisernen Spitzen von Armbrustbolzen, die zusammen mit 50 Kanonenkugeln aus Sandstein und vier Kanonenkugeln aus Eisen in den Grundmauern des Vorgängergebäudes des heutigen Herrenhaus lagen. Es ist der größte zusammenhängende Munitionsfund der Renaissance, der bisher in Westfalen archäologisch nachgewiesen ist. Auf den ersten Blick erscheinen die Funde wie ein heilloses Durcheinander von Gegenständen. Bei genauerem Hinsehen verraten sie aber viele Facetten vom Leben der damiligen Bewohner der Werburg. Sie sind die Grundlage der Exponate im Werburg-Museum Spenge.